Künstler:in
Thomas Schütte
(* 1954 Oldenburg, lebt und arbeitet in Düsseldorf)
Titel
Die Fremden
Datierung
1992
Technik
Keramik, farbig glasiert
Beschreibung

Thomas Schütte schuf die Figurengruppe Die Fremden ursprünglich für die documenta IX im Jahr 1992, wo sie auf dem Portikus des Roten Palais neben dem Fridericianum aufgestellt war. Nach Ende der documenta IX teilte der Künstler die umfangreiche Gruppe in drei kleine Einheiten auf, von denen eine in Kassel an ihrem Standort verblieb. Eine andere wurde 1995 durch Mittel der Possehl-Stiftung erworben und in Lübeck auf dem Dach der Musik- und Kongresshalle installiert. In schematisierten, teils abstrahierten Körperformen und realistisch ausgearbeiteten Physiognomien sind zwei Männer, eine Frau und ein Kind dargestellt, begleitet von diversen teils stark abstrahierten Gepäckstücken. Eigen ist den lebensgroßen Figuren die in sich gekehrte Mimik und Körperhaltung mit geschlossenen Augen und hängenden Armen, die als Scham, Trauer, Verzweiflung, Angst, aber auch als Konzentration oder innere Einkehr gelesen werden könnten. Diese Verschlossenheit steht in deutlichem Gegensatz zu der Farbigkeit und den puppenhaft anmutenden Körperformen. Thomas Schütte thematisiert mit dieser Arbeit die Fremdenfeindlichkeit, die insbesondere Anfang der 1990er Jahre durch eine Reihe von Brandanschlägen auf Asylbewerberheime in Deutschland offen zutage trat. Er konzentriert sich dabei ganz auf die physische Präsenz und mentale Verfassung der Flüchtlinge. Die Fremden gemahnen an ihren öffentlichen, weithin sichtbaren Aufstellungsorten an die Situation all der Menschen, die gezwungen sind, durch Krieg, Hunger und Vertreibung ihre Heimat zu verlassen.

Biografie

Thomas Schütte studierte von 1973 bis 1981 an der Kunstakademie Düsseldorf bei Fritz Schwegler und Gerhard Richter. Ende der 1970er Jahre führten ihn Arbeitsaufenthalte nach New York und Paris. 1979 konnte er seine erste Einzelausstellung zeigen. Unzählige Einzel- und Gruppenausstellungen präsentierten von da an bis heute sein künstlerisches Schaffen. 1987, 1992 und 1997 nahm der Künstler an der documenta teil, seit 1987 ist er regelmäßig an den Skulptur Projekten Münster beteiligt. 2005 wurde er auf der Biennale Venedig mit dem Goldenen Löwen für den besten Künstler ausgezeichnet. Schüttes Werk zeichnet sich sowohl in den verwendeten Materialien als auch der Formgebung durch eine große Vielfalt aus. Sein Kunstschaffen, das Bildhauerei, Zeichnungen, Aquarelle, Installationen, Konzeptkunst, Holzbau, Druckgrafik und Fotografie umfasst, entzieht sich weitgehend einer konkreten Einordnung. Er verbindet in seinen Werken die Liebe zum handwerklichen Arbeiten mit gesellschaftskritischen Sichtweisen, hintergründiger Ironie und der Verarbeitung persönlicher Krisensituationen. Thomas Schütte lehnt die Schnelllebigkeit und Oberflächlichkeit des Kunstbetriebes ab, zugleich zählt er zu den gefragtesten und produktivsten Künstlern der Gegenwart.

Stifter
Schenkung der Possehl-Stiftung
Kategorie
Bauplastik/-skulptur
Standort
Willy-Brandt-Allee 10, Musik- und Kongresshalle (MuK), Dach
Literatur
Julian Heynen/ James Lingwood/ Angela Vettese, Thomas Schütte, London 1998.