(* 1878 Klein-Grabow bei Schwerin, † 1970 München)
Fest eingemauert steht die aus Muschelkalk gefertigte Wandskulptur Martin Luthers neben dem Eingang der Lutherkirche in der Moislinger Allee. Auf einem asymmetrischen Sockel platziert tritt die wuchtige Gestalt jedoch beinahe vollplastisch aus dem kontrastierenden Mauerwerk hervor. Der Reformator blickt seitlich in Richtung Kircheneingang und hält dem Besucher die aufgeschlagene Bibel entgegen. Auf dem Sockel ist Luthers Kirchenlied „Ein feste Burg ist unser Gott“ zitiert, mit dem noch heute der Reformationstag eingesungen wird. Das Denkmal entstand für die am 31. Oktober, dem Reformationstag, 1937 geweihte Lutherkirche und ist das letzte Werk von Fritz Behn in Lübeck.
Fritz Behn wurde im Jahr 1878 im mecklenburgischen Klein Grabow bei Krakow am See geboren und starb 1970 im Alter von 91 Jahren in München. Er war ein Enkel des ehemaligen Lübecker Bürgermeisters Heinrich Theodor Behn und verbrachte einen Teil seiner Jugend in dem nach der Familie benannten Haus in der Lübecker Königstraße, dem heutigen Museum Behnhaus Drägerhaus. Nach dem Studium an der Akademie der Bildenden Künste München brach Behn im Winter 1907/08 erstmals zu einer Safari nach Afrika auf. Die Faszination für den Kontinent und seine Tierwelt blieb ein Leben lang ungebrochen und prägte sein weiteres künstlerisches Schaffen. Als Tierbildhauer erlangte er früh internationale Berühmtheit. Neben Künstler*innen wie August Gaul, Renée Sintenis oder Rembrandt Bugatti trug er zum Durchbruch der autonomen Tierplastik bei. Daneben schuf er zahlreiche Bildnisbüsten, Denkmäler, Brunnen sowie Grabmale. Nach dem Ersten Weltkrieg vertrat Behn antidemokratische und national-völkische Positionen. 1939 bis 1945 hatte er eine Professur an der Akademie der Bildenden Künste in Wien inne. Er stand auf der „Gottbegnadetenliste“ der wichtigsten bildenden Künstler der NS-Zeit.[nbsp] Fritz Behn war eine schillernde Künstlerpersönlichkeit, die sich dem Bannkreis des Imperialismus ebenso wenig zu entziehen vermochte wie dem Faschismus. Die Kunst dieses Kolonialisten, Monarchisten und Republikgegners sieht sich Vorbehalten ausgesetzt, welche nicht zuletzt aus seinen Verstrickungen in den Nationalsozialismus resultieren. Der Ruf eines „Nazi-Bildhauers“ dürfte einer der Gründe dafür gewesen sein, warum ihn die Kunstgeschichte lange ignoriert hat. Erst in jüngster Zeit hat eine Auseinandersetzung mit seiner Person und seinem Werk eingesetzt.
Klaus Bernhard, Plastik in Lübeck. Dokumentation der Kunst im öffentlichen Raum (1436-1985) (Veröffentlichungen des Senates der Hansestadt Lübeck, Amt für Kultur, hrsg. von Hans-Gerd Kästner, Reihe B, Heft 8), Lübeck 1986.
Klaus W. Jonas, Der Bildhauer Fritz Behn, in: Der Wagen. Lübecker Beiträge zur Kultur und Gesellschaft, 2000, S. 190ff..