(* 1963 Günzburg, lebt und arbeitet in London)
Ebenso wie die Fassade des Overbeck-Pavillons unterzog Lothar Götz auch das Foyer des 1930 eröffneten modernistischen Gebäudes einer radikalen, farbgewaltigen Auffrischung. Die Wand neben der Treppe zum Obergeschoss teilte der Künstler in breite, schräg verlaufende Bänder, die in unregelmäßigen Abständen horizontal durchschnitten werden. So bilden sich verschiedenste Trapez- und Dreiecksformen, die er in leuchtender Farbigkeit fasste. Die gesamte Wandarbeit wird erst durch das Heraufsteigen in das obere Stockwerk erfahrbar. Götz unterteilte die Treppenwand in drei Zonen, die durch die verwendeten Farbtöne definiert werden. Die untere Zone, die den podestartigen Treppenabsatz hinterfängt, ist von hellem Lachsrosé und Orange geprägt, die mittlere Zone zieht mit intensivem Violett und Blau die Aufmerksamkeit in die Höhe und das oberste Segment schließt die Arbeit mit einem kraftvollen Kontrast von Schwarz und Orange auf Höhe des Obergeschosses ab. Das sowohl in der unteren wie der oberen Zone auftauchende Orange schafft eine optische Verbindung. Kleinteilige Felder in Rot, Schwarz, Türkis und Gelb setzen scharfe, lebendige Akzente. Die dominante Farbigkeit der Wandarbeit steht in maximalem Gegensatz zu der funktionalen weißen Architektur, die Scharfkantigkeit der Farbfelder kontrastiert mit den sanft geschwungenen Handläufen. Lothar Götz griff die vorhandenen architektonischen Gegebenheiten bei seiner Konzeption auf, die Balken und der Steigungswinkel der Treppe dienten ebenso als Referenzpunkte wie die baulich vorgegebenen Lichtverhältnisse. Die Komposition verwandelt den vorhandenen Raum grundlegend. Sie entwickelt sich dynamisch, abhängig vom jeweiligen Blickpunkt, und ruft beim Heraufsteigen der Treppe eine sogartige Wirkung hervor.
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Götz schuf Sturm und Drang zusammen mit der Wandmalerei Never too late an der Fassade des Overbeck-Pavillons im Jahr 2019 unter dem Ausstellungstitel Back to the Future. Er nahm damit Bezug auf die kurz zuvor erfolgte Grundsanierung des Gebäudes und die damit einhergehende äußere Verjüngung dieser traditionsreichen Lübecker Ausstellungsinstitution.
Der aus dem bayerischen Günzburg stammende Lothar Götz studierte von 1983-1988 Visuelle Kommunikation an der Fachhochschule Aachen. Ab 1991 folgte ein Masterstudium im Bereich Ästhetik an der Universität Wuppertal, von 1993-1995 war er Student an der Kunstakademie Düsseldorf. Seine umfangreiche Ausbildung vervollständigte Götz in London mit dem Masterstudiengang Malerei am Royal College of Art. In London ließ sich der Künstler dauerhaft nieder. Eine rege Ausstellungstätigkeit begleitet seine künstlerische Karriere seit dem Studienabschluss 1998. Seit 2001 lehrt Götz als Dozent an der Universität Sunderland und als Gastdozent an weiteren britischen Hochschulen. Seine Werke im öffentlichen Raum befinden sich u.a. in den U-Bahn-Stationen Haymarket Newcastle und Piccadilly Circus in London. Als temporäre Projekte schuf er 2012/13 das Wandgemälde Crash im Treppenhaus des Künstlerhauses Hannover im Rahmen der Projektreihe „Stufen zur Kunst“, 2019 bemalte Götz mit Dance diagonal die Außenwände der Towners Art Gallery im südenglischen Eastbourne als zeitlich limitiertes Kunstprojekt. Die Gemälde von Lothar Götz sind geometrische Farbfeldmalereien in leuchtenden Farbspektren, in seinen Wandbildern orientiert er sich an den architektonischen Gegebenheiten.