Künstler:in
Winni Schaak
(* 1957 Kropp, lebt und arbeitet in Lübeck-Schlutup)
Titel
Vier Kirchen / Kreuzweg, 2. Station und Kreuzpunkt mit dem Märtyrerweg
Datierung
2013
Technik
Cortenstahl
Beschreibung

Im Jahr 2013 wurde in Lübeck das 14-tägige Bildhauersymposium „Kreuzwege“ ins Leben gerufen, um für den bereits existierenden Kreuzweg und den neu entstandenen Märtyrerweg sichtbare Stationen zu schaffen. Der Kreuzweg, den der Lübecker Kaufmann Hinrich Konstin Mitte des 15. Jahrhunderts errichten ließ, ist einer der ältesten in Deutschland. Im Laufe der Zeit geriet er jedoch in Vergessenheit und von den einst sieben Stationen blieben nur die erste und die letzte erhalten. Anfang der 1990er Jahre beschloss eine kleine Gruppe Gläubiger, den früheren Kreuzweg am Karfreitag noch einmal zu begehen. Damit begann eine neue Kreuzwegtradition und es entstand die Idee, die zerstörten Stationen wieder zu vervollständigen. Da seit der Wiederentdeckung nur an fünf der einst sieben Stationen Andachten gehalten wurden, sollten auch nur fünf Skulpturen den Weg markieren.

 

Die Bildhauer Winni Schaak, Frede Troelsen, Karin van Ommeren und Jo Kley schufen zeitgenössische Stelen sowohl für den Kreuzweg als auch für den neu entstandenen Märtyrerweg, der an die vier Lübecker Geistlichen erinnert, die im Nationalsozialismus Widerstand leisteten und daraufhin hingerichtet wurden. Der Kreuzweg beginnt an St. Jakobi, führt zunächst die Breite Straße entlang zum Kanzleigebäude und wieder zurück durch die Große Burgstraße, das Burgtor und über das Burgfeld zur letzten Station auf dem sogenannten Jerusalems-Berg. Am Burgtor kreuzt er den Märtyrerweg, der sich über folgende vier Stationen erstreckt: Lutherkirche, Herz-Jesu-Kirche, Burgkloster und die Justizvollzugsanstalt Lauerhof. Die miteinander korrespondierenden Stelen aus Stahl beziehungsweise Granit sollen den Betrachter auf unterschiedliche Weise ansprechen. Sie sollen die christlichen und grundlegenden ethischen Werte symbolisieren wie Toleranz, Nächstenliebe oder Zivilcourage. Sie stehen aber auch als Mahnung gegen den Totalitarismus. Zudem lassen die abstrakten Stelen genug Raum für persönliche Interpretationen. Sie sind eigenständige Kunstwerke, die mit allen Sinnen erfasst werden wollen.

 

Am Burgtor trifft der Kreuzweg auf den Märtyrerweg. In einer Nische am Burgtor befindet sich die zweite Station des Kreuzweges. Die ehemalige Markierung befand sich hingegen an der Nordfassade des Kanzleigebäudes. Dargestellt war die Kreuzauflegung. Zur Zeit des Nationalsozialismus befanden sich im Burgkloster ein Gerichtssaal und ein Gefängnis. Die vier Lübecker Geistlichen, Johannes Prassek, Eduard Müller, Hermann Lange und Karl Friedrich Stellbrink waren dort inhaftiert, bevor sie zum Tode verurteilt wurden. Der Bildhauer Winni Schaak schuf zu ihrem Gedenken ein spannungsvolles Stahlrelief aus wetterbeständigem Cortenstahl. Die gotisch anmutende Form der spitz zulaufenden Bögen erinnert an Kirchengebäude. Der Künstler reiht die vier minimalistischen Stahlbögen fest aneinander. Er versetzt sie lediglich ein wenig nach oben. Trotz der klaren und formalen Strenge und der dadurch entstandenen Komplexität wirkt das Relief bewegt. Es überrascht den Betrachter mit unerwarteten Ansichten.

Biografie

Der aus dem schleswig-holsteinischen Kropp stammende Winni Schaak ließ sich nach dem Abitur 1978 zunächst zum Schmied ausbilden. 1984/85 war er als Geselle auf Wanderschaft, 1985 schloss er in Lüneburg erfolgreich die Prüfung zum Schmiede- und Schlossermeister ab. Im Anschluss studierte Schaak Bildhauerei bei Wolfgang Bier an der Fachhochschule in Aachen, wo er 1990 sein Diplom im Fachbereich Objektdesign erhielt. Eine ausgedehnte Studienreise führte den Bildhauer 1990/91 nach Indonesien und Australien, hier erlangte er mit seiner Doppelstele den ersten Platz eines Wettbewerbs in Surfers Paradise bei Brisbane. 1992 ließ sich Schaak als freischaffender Bildhauer zunächst in Hamburg nieder. 2008 bezog er ein Atelierhaus in Lübeck-Schlutup. Im Folgejahr nahm Schaak auch einen Lehrauftrag innerhalb des Projekts ArTeMa (Art, Teaching, Management) wahr, welches von der Handwerkskammer Lübeck und der dänischen Stadt Nakskov initiiert wurde. Seine Werke wurden bisher in vielen Einzel- und Gruppenausstellungen präsentiert, zahlreiche seiner Plastiken finden sich im öffentlichen Raum in Schleswig-Holstein und Hamburg. Schaak ist Mitglied in der Gemeinschaft Lübecker Künstler.

Stifter
Entstanden im Rahmen des internationalen Bildhauersymposiums „Kreuzwege“, Lübeck 2013
Kategorie
Denkmal/Mahnmal
Standort
Große Burgstraße, Burgtor, Fußgängerdurchgang Marstall, Seitenwand
Literatur
Karl Klotz, Der älteste Kreuzweg Deutschlands - neu gestaltet, in: Lübeckische Blätter, 9, 2014, S. 133f.

Bilder