(* 1878 Klein-Grabow bei Schwerin, † 1970 München)
Auf der Burgtorbrücke bewachen die zwei Löwen von Fritz Behn die nördliche Zugangsstraße zur Stadt. Der eine Löwe brüllt zum anderen hinüber, der sich jedoch nur schwerfällig emporstemmen kann. Die Tiere erinnern in ihrer gegensätzlichen Darstellung an das Löwenpaar vor dem Holstentor. Wie jenes wurde auch dieses Ensemble ursprünglich nicht von der Stadt in Auftrag gegeben. Die Löwen entstanden 1913 als Bronzegüsse für den Lübecker Kaufmann und Weinhändler Vizekonsul Heinrich Leo Behncke. Sie schmückten zunächst die Auffahrt seines Hauses in Nutteln bei Schwerin, gingen dann aber in den Besitz eines Majors a.D. Drews über, der sie wiederum der Stadt 1931 als Leihgabe anbot. Die Löwen, die um 1952 von der Hansestadt gekauft wurden, stehen seitdem vor dem Burgtor.
Fritz Behn wurde im Jahr 1878 im mecklenburgischen Klein Grabow bei Krakow am See geboren und starb 1970 im Alter von 91 Jahren in München. Er war ein Enkel des ehemaligen Lübecker Bürgermeisters Heinrich Theodor Behn und verbrachte einen Teil seiner Jugend in dem nach der Familie benannten Haus in der Lübecker Königstraße, dem heutigen Museum Behnhaus Drägerhaus. Nach dem Studium an der Akademie der Bildenden Künste München brach Behn im Winter 1907/08 erstmals zu einer Safari nach Afrika auf. Die Faszination für den Kontinent und seine Tierwelt blieb ein Leben lang ungebrochen und prägte sein weiteres künstlerisches Schaffen. Als Tierbildhauer erlangte er früh internationale Berühmtheit. Neben Künstler*innen wie August Gaul, Renée Sintenis oder Rembrandt Bugatti trug er zum Durchbruch der autonomen Tierplastik bei. Daneben schuf er zahlreiche Bildnisbüsten, Denkmäler, Brunnen sowie Grabmale. Nach dem Ersten Weltkrieg vertrat Behn antidemokratische und national-völkische Positionen. 1939 bis 1945 hatte er eine Professur an der Akademie der Bildenden Künste in Wien inne. Er stand auf der „Gottbegnadetenliste“ der wichtigsten bildenden Künstler der NS-Zeit.[nbsp] Fritz Behn war eine schillernde Künstlerpersönlichkeit, die sich dem Bannkreis des Imperialismus ebenso wenig zu entziehen vermochte wie dem Faschismus. Die Kunst dieses Kolonialisten, Monarchisten und Republikgegners sieht sich Vorbehalten ausgesetzt, welche nicht zuletzt aus seinen Verstrickungen in den Nationalsozialismus resultieren. Der Ruf eines „Nazi-Bildhauers“ dürfte einer der Gründe dafür gewesen sein, warum ihn die Kunstgeschichte lange ignoriert hat. Erst in jüngster Zeit hat eine Auseinandersetzung mit seiner Person und seinem Werk eingesetzt.
Klaus W. Jonas, Der Bildhauer Fritz Behn, in: Der Wagen. Lübecker Beiträge zur Kultur und Gesellschaft, 2000, S. 190ff..
Carsten Hingst, Löwen in Lübeck, Lübeck 2004/2005.
Joachim Zeller, Kolonialisiertes Bestarium. Der Tierbildhauer Fritz Behn im „Märchenland Afrika“. In: K. Lee Chichester / Priska Gisler / Kunstmuseum Bern (Hg.): Koloniale Tiere. Tierbilder im Kontext des Kolonialismus. S. 69-90. Berlin 2024