(* 1917 Heide / Holstein, † 2011 Sagau bei Eutin)
Auf dem Gelände der Technischen Hochschule Lübeck steht Pierre Schumanns 1976 entstandene Freiplastik aus Stahlrohren und Blechen. Auf einem Sockel sind drei aufstrebende Rohre befestigt, die die eigentliche Komposition einer offenen Kugel tragen. In einem gedachten Raum, der von einigen rund gebogenen Rohren begrenzt wird, wirbeln etliche kleine, eckige Stahlbleche durcheinander. Diese Dynamik ist fiktiv – der Betrachter assoziiert durch die Anordnung der geometrischen Elemente rotierende Räder oder planetarische Konstellationen. Nach oben hin stößt ein Rohr in den freien Raum – als Anbindung an das Universum. Schumann glaubte an die kosmische Orientierung des Menschen und fand über die Reduktion abstrahierende Ausdrucksformen für das Wechselspiel zwischen Naturimmanenz und Bewegungskräften, z.B. dem Wind. Mit der Freiplastik offenbart der Künstler den spannenden Kontrast zwischen Ruhe und Dynamik. Ihre Form steht im Zusammenhang mit Schumanns Frühwerk, zu dem mehrere Metallplastiken gehören, die französisch beeinflusst sind („groupe mesure“) und überwiegend in seinem Atelier in Hamburg entstanden. Hier realisierte der Bildhauer mit Metallstäben und -flächen unter Anwendung geometrischer Gesetze (u.a. Harmonielehre) größere Räume, indem er die Vorstellungskraft des Betrachters weckte.
Hans Pierre Schumann wurde 1917 als Hans-Adolf Peter Schumann in Heide/Holstein geboren und wuchs in Itzehoe auf. Der gelernte Steinmetz studierte nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges an der Landeskunstschule Hamburg bei Edwin Scharff und an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart bei Otto Baum, wo er zu seiner individuellen Ausdrucksform fand. Ab 1945 unterhielt Schumann ein Atelier in Itzehoe, 1955 siedelte er nach Hamburg um. Bei regelmäßigen Aufenthalten in Paris zwischen 1954 und 1964 machte Schumann die Bekanntschaft der bedeutendsten Künstler seiner Zeit, unter ihnen Pablo Picasso, Hans Arp und Constantin Brancusi. Der Bildhauer Henry Moore wurde für ihn zu einem wichtigen Förderer. Ein Reisestipendium im Jahr 1959 führte ihn nach Italien, wo er sich in Carrara ein Atelier einrichtete. Marmor wurde zu seinem bevorzugten Werkstoff, auf der Internationalen Biennale in Carrara erhielt er 1967 den ersten Preis für seine Marmorskulptur Madonna Nera. Seit Beginn der 1950er Jahre waren seine Plastiken auf zahlreichen Ausstellungen im In- und Ausland präsent, seine Werke für den öffentlichen Raum sind an vielen Orten in Norddeutschland zu sehen. 1976 ließ sich der Künstler in Sagau bei Eutin nieder, 2007 wurde er mit dem Norddeutschen Kulturpreis geehrt. 2011 starb Hans Pierre Schumann in Eutin.
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Monographie Pierre Schumann. Skulpturen in Marmor und Bronze, Salzburg 2003.