(* 1927 Crailsheim bei Stuttgart, † 2014 Lübeck)
Hoch oben im lichten, weißen Kreuzrippengewölbe von St. Petri kann mit etwas Aufmerksamkeit die zarte, bläulich leuchtende Neoninstallation JETZT von Hanna Jäger entdeckt werden. Sie nimmt dort im Mittelschiff die Position eines Schlusssteines im Zentrum der sich kreuzenden Gewölberippen ein, doch anstelle einer massiven, stützenden Präsenz erscheint sie wie eine flüchtige Erscheinung in schwereloser Leichtigkeit. Die Installation, die anlässlich der Wanderausstellung „Hanna Jäger. Farb-Licht“ 2002 für St. Petri angefertigt wurde, besteht zweimal aus dem Wort „JETZT“, das in horizontaler und in vertikaler Ausrichtung im zentralen Buchstaben „T“ über Kreuz gesetzt wurde. Das Werk findet so Anklänge an das christliche Kreuz und setzt einen Akzent im Zentrum des Gewölbes. Das Wort „JETZT“ kann als Mahnung an den Betrachter interpretiert werden, sich die Vergänglichkeit und die Bedeutung des Augenblicks zu vergegenwärtigen. Seit Ende der 1980er Jahre arbeitete Hanna Jäger mit Neonlicht und führte damit ihre künstlerischen Anfänge als Malerin fort. Sie äußerte sich dazu folgendermaßen: „Mit Neon oder Schwarzlicht bewege ich mich in den Energiebereichen der Hochspannung. Sichtbar gemacht als Farbenergie besitzt sie eine neue Qualität. Sie kommt aus dem Bereich des High-Tech und signalisiert fast automatisch 'jetzt' oder 'heute', unabhängig davon, ob sie laut bis schrill oder zart und verhalten wird." (zit. nach: http://www.stadtgalerie-brunsbuettel.de/ausstellungen/archiv.php?jahr=2002).
Hanna Jäger, 1927 im schwäbischen Crailsheim geboren, erhielt ihre künstlerische Ausbildung von 1947 bis 1953 an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart, wo sie Malerei und freie Grafik bei Manfred Henninger und Hans Meid studierte. Von 1953 bis 1955 absolvierte sie ein Referendariat als Kunstpädagogin in Plön und Kiel, anschließend war sie für zwei Jahre als Kunstlehrerin in Kiel tätig. Nach der Heirat mit dem Maler Johannes Jäger ließ sie sich 1957 in Lübeck nieder und widmete sich in den folgenden Jahren ihrer Familie. Seit 1968 arbeitete sie als freischaffende Künstlerin. 1985 erhielt Jäger die Schleswig-Holstein-Medaille, zwei Jahre später wurde sie mit einem Stipendium des Landes ausgezeichnet, das ihr einen sechsmonatigen Studienaufenthalt in den USA in Minneapolis, Chicago und New York ermöglichte. 1992 arbeitete sie erneut in Minneapolis am Institute of Art, 1995 folgte ein Arbeitsaufenthalt in Seattle, wo sie die Neon-Klasse von Cork Marcheschi an der Pilchuck Glass School besuchte. Hanna Jäger war Mitglied der Gemeinschaft der Künstlerinnen und Kunstfördernden (GEDOK) Schleswig-Holstein, des Bundesverbandes Bildender Künstler (BBK) Schleswig-Holstein und der Gemeinschaft Lübecker Künstler. Ihr sich stetig entwickelndes Œuvre umfasst frühe Illustrationen, Zeichnungen in verschiedenen Werkserien, Mobiles, Collagen, strukturbetonte Materialbilder und gestisch-informelle Gemälde sowie die Schwarzlicht- und Neon-Bilder des Spätwerks.
Hanna Jäger. Preis der 49. Landesschau Schleswig-Holstein 2002, Kat. Ausst. Brunswiker Pavillon Kiel, Kiel 2003.
Silke Eikermann-Moseberg, Hanna Jäger. Something is always happening/ Etwas geschieht immer (John Cage), Retrospektive 1947-2009, Kat. Ausst., Stadtgalerie im Elbeforum Brunsbüttel, Bd. 2, Werkverzeichnis, Brunsbüttel 2010.
Roswitha Siewert, Hanna Jäger. Nichts ist, was es ist, in: Lübeckische Blätter, 9, 2014, S. 138-140.