(* 1927 Crailsheim bei Stuttgart, † 2014 Lübeck)
Hanna Jäger schuf 2001 in Zusammenarbeit mit dem Leistungskurs Kunst des Johanneums eine fünfteilige Neon-Installation, die Zitate von Willy Brandt zum Inhalt hat. Der gebürtige Lübecker Willy Brandt war, noch unter seinem Geburtsnamen Herbert Ernst Karl Frahm, von 1928 bis 1932 Schüler des Johanneums. 1971 erhielt der Politiker, der von 1969 bis 1974 als vierter deutscher Bundeskanzler regierte, für seine Ostpolitik den Friedensnobelpreis.
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In der Schule und der zugehörigen Remise der ehemaligen Feuerwache finden sich folgende fünf Zitate Brandts, deren Aussagekraft bis heute nichts von ihrer Aktualität eingebüßt hat:
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„DEN HORIZONT / WERDEN WIR NIE ERFAHREN / WENN WIR IHN ALS EIN / FIXES ZIEL / EINE FESTSTEHENDE / GRENZE / MISSVERSTEHEN / WILLY BRANDT 1988“,
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„WILLY BRANDT / DER KRIEG / DARF KEIN MITTEL / DER POLITIK SEIN / ES GEHT DARUM / KRIEGE / ABZUSCHAFFEN / NICHT NUR / SIE ZU BEGRENZEN / FRIEDENS-NOBELPREIS-REDE / AM 11.12.1971 IN OSLO“,
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„EINMAL / SEHEN / IST BESSER / ALS HUNDERTMAL / VON ETWAS REDEN HOEREN / WILLY BRANDT 1985“,
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„WILLY BRANDT / ICH MEINE: / NEBEN VERNUENFTIGER POLITIK / IN UNSERER WELT / IST / LERNEN / DIE EIGENTLICH GLAUBHAFTE / ALTERNATIVE ZUR GEWALT / FRIEDENS-NOBELPREIS-REDE AM 11.12.1971 IN OSLO“ und
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„WILLY BRANDT 1968 / MAN MUSS ANFANGEN WO EIN ANFANG MOEGLICH IST“.
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Auf fünf großformatigen Acrylplatten sind die Zitate in schwarzer Druckfarbe aufgebracht. Einzelne Schlagworte in den Texten sind mittels bunter Neonschrift hervorgehoben, akzentuiert werden die Tafeln durch farbige Neonkreise. Durch die Leuchtkraft der Neonelemente entfalten die Zitate eine außerordentliche Präsens, die ihre inhaltliche Aussagekraft unterstreicht.
Hanna Jäger, 1927 im schwäbischen Crailsheim geboren, erhielt ihre künstlerische Ausbildung von 1947 bis 1953 an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart, wo sie Malerei und freie Grafik bei Manfred Henninger und Hans Meid studierte. Von 1953 bis 1955 absolvierte sie ein Referendariat als Kunstpädagogin in Plön und Kiel, anschließend war sie für zwei Jahre als Kunstlehrerin in Kiel tätig. Nach der Heirat mit dem Maler Johannes Jäger ließ sie sich 1957 in Lübeck nieder und widmete sich in den folgenden Jahren ihrer Familie. Seit 1968 arbeitete sie als freischaffende Künstlerin. 1985 erhielt Jäger die Schleswig-Holstein-Medaille, zwei Jahre später wurde sie mit einem Stipendium des Landes ausgezeichnet, das ihr einen sechsmonatigen Studienaufenthalt in den USA in Minneapolis, Chicago und New York ermöglichte. 1992 arbeitete sie erneut in Minneapolis am Institute of Art, 1995 folgte ein Arbeitsaufenthalt in Seattle, wo sie die Neon-Klasse von Cork Marcheschi an der Pilchuck Glass School besuchte. Hanna Jäger war Mitglied der Gemeinschaft der Künstlerinnen und Kunstfördernden (GEDOK) Schleswig-Holstein, des Bundesverbandes Bildender Künstler (BBK) Schleswig-Holstein und der Gemeinschaft Lübecker Künstler. Ihr sich stetig entwickelndes Œuvre umfasst frühe Illustrationen, Zeichnungen in verschiedenen Werkserien, Mobiles, Collagen, strukturbetonte Materialbilder und gestisch-informelle Gemälde sowie die Schwarzlicht- und Neon-Bilder des Spätwerks.
Silke Eikermann-Moseberg, Hanna Jäger. Something is always happening/ Etwas geschieht immer (John Cage), Retrospektive 1947-2009, Kat. Ausst., Stadtgalerie im Elbeforum Brunsbüttel, Bd. 2, Werkverzeichnis, Brunsbüttel 2010.
Roswitha Siewert, Hanna Jäger. Nichts ist, was es ist, in: Lübeckische Blätter, 9, 2014, S. 138-140.