Künstler:in
Werner Reiterer
(* 1964 Graz, lebt und arbeitet in Wien)
Titel
Die mentale Baustelle
Datierung
2006
Technik
Monumentale Baustellenabsperrung und Baustellentafel
Beschreibung

Die Gestaltung des Schrangen, der weitgehend leeren, monotonen Freifläche zwischen Geschäfts- und Kaufhausfassaden in der Lübecker Innenstadt, beschäftigt die Stadt und ihre Bürgerinnen und Bürger schon seit Mitte der 1990er Jahre. Verschiedene Konzepte und Wünsche wurden seitdem leidenschaftlich diskutiert, jedoch stellten sich die konkurrierenden Vorstellungen als so gegensätzlich heraus, dass bis heute keine Lösung gefunden werden konnte. Der Streit um den Schrangen führte 1994 auch zur Gründung des ArchitekturForums als Bürgerplattform, die seitdem maßgeblich an städtebaulichen Entwicklungen und baukulturellen Diskussionen beteiligt war und diese Themen insbesondere im alljährlich stattfindenden ArchitekturSommer der Öffentlichkeit nahebringt.

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Thematischer Mittelpunkt des sechsten ArchitekturSommers war 2006 wieder der Schrangen. In Kooperation mit der Overbeck-Gesellschaft Lübeck wurde als temporäres Kunstprojekt Die Mentale Baustelle von Werner Reiterer realisiert, die für zehn Tage die öffentliche Aufmerksamkeit auf diese Freifläche fokussierte und die Bühne bot für eine vielfältige Beschäftigung mit den Nutzungsmöglichkeiten öffentlicher städtischer Räume. Mit einer überdimensionalen rot-weißen Baustellenabsperrung und einer ebenfalls monumentalen Baustellentafel markierte Werner Reiterer den Anfang und die Mitte des Platzes – der „Baustelle“, mit der der Künstler einen „Denk-, Kunst- und Aktionsraum“ für zehn Tage schuf und so die üblichen Wege und Wahrnehmungen der Bürger in der Lübecker Innenstadt „stören“ und einen Diskurs darüber in Gang setzen wollte, was der öffentliche Raum in der heutigen Zeit bieten und leisten kann und soll. Vorträge, Stadtführungen, eine Ausstellung zur historischen Entwicklung des Schrangen und eine Podiumsdiskussion zur Kunst im öffentlichen Raum sollten das Wissen und die Aufmerksamkeit zu diesen Themen erweitern, Musikdarbietungen, Filmvorführungen und gemeinsames Grillen standen exemplarisch für die unterschiedlichen Nutzungsalternativen öffentlicher Freiflächen. Direkt im Anschluss an den Abbau der Mentalen Baustelle zeigte die Overbeck-Gesellschaft vom 24. September bis 5. November 2006 eine Ausstellung mit Zeichnungen und Fotografien von Werner Reiterer.

Biografie

Der österreichische Künstler Werner Reiterer erhielt seine Ausbildung an der Wiener Akademie der bildenden Künste. Hier studierte er von 1984 bis 1988 Grafik bei Maximilian Melcher, fand nach dem Studium aber zu einer vielfältigen konzeptuellen Arbeitsweise. Das Medium der Grafik bildet dennoch in Form der Serie Gezeichnete Ausstellungen, einer seit 1996 entstehenden, zeitlich nicht begrenzten Folge von Bleistiftzeichnungen, die Grundlage, den „Ideenpool“ seiner Konzeptkunst. In temporären Installationen und Interventionen im öffentlichen Raum, in Skulpturen und Fotografien greift Reiterer Themen und Fragestellungen auf und schafft damit Kunstwerke, die den Betrachter intensiv mit einbeziehen. Meist ist die aktive Interaktion mit dem Betrachter und dessen bewusste oder unbewusste Auseinandersetzung mit dem vom Künstler beabsichtigten Denkanstoß der Hauptbestandteil des Werkes, Materialität und Dauerhaftigkeit spielen eine eher untergeordnete Rolle. Ziel des Künstlers ist es insbesondere, den öffentlichen Raum durch sein Kunstwerk in der allgemeinen Wahrnehmung zu manipulieren und damit zu erreichen, dass Bewohner und Besucher einen alltäglichen Ort bewusster und differenzierter wahrnehmen. Seit Ende der 1980er Jahre wurde Reiterer mit verschiedenen Stipendien und Preisen geehrt, unzählige Einzel- und Gruppenausstellungen insbesondere in Österreich und Deutschland zeigten bereits seine Werke.

Stifter
veranstaltet von der Overbeck-Gesellschaft und dem Architekturforum Lübeck im Rahmen des Architektursommers 2006
Kategorie
temporäre Installation
Standort
Nicht mehr erhalten, temporäre Installation, 15. Sept. - 24. Sept. 2006, Schrangen