(* 1927 Crailsheim bei Stuttgart, † 2014 Lübeck)
In ihrem Spätwerk konzentrierte sich die Künstlerin Hanna Jäger in ihren Arbeiten auf die Wirkung künstlicher Lichtquellen, wobei die Verknüpfung von Text und Leuchtbild zu ihrem Markenzeichen heranreifte. Die vierteilige Neoninstallation O.K. zum binären System ist 1996/97 entstanden und basiert auf einer von Studierenden der Fachhochschule entwickelten Idee in Kombination mit einem Mikroprozessor-Praktikum von Prof. Dr. Hinrich Ecklundt. Das Binärsystem ist ein Zahlensystem, das zur Darstellung von Zahlen nur zwei verschiedene Ziffern benutzt (1/0) und in der Informationstechnik angewendet wird.
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Die Installation hängt im Treppenhaus von Gebäude 21 der Technischen Hochschule Lübeck. Im ersten Stock befinden sich – zweigeteilt durch ein Fenster – die Teile 1 und 2. Links ist von oben nach unten die Neonschrift zu lesen: „0,1, 1, 1, 1, 0, 0, 1, 0“. Rechts, von oben nach unten: „K, 1, 1, 0, 1, 0, 0, 1,0“. „O“ und „K“ sind in Rot gehalten, darunter erscheinen in einem senkrechten Plexiglaskasten jeweils die „1“ weiß unterlegt und die „0“ schwarz unterlegt. Im zweiten Stock am selben Ort ist in pinkfarbener Neonschrift ein altes deutsches Sprichwort auf die Wand montiert, zitiert von Goethe in „Dichtung und Wahrheit“ Band II/8. Links ist zu lesen: „ZUWACHS AN KENNTNIS IST“; rechts der Text: „ZUWACHS AN UNRUHE“. Beim Wort „Unruhe“ springen die Buchstaben versetzt nach oben und unten.
Hanna Jäger, 1927 im schwäbischen Crailsheim geboren, erhielt ihre künstlerische Ausbildung von 1947 bis 1953 an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart, wo sie Malerei und freie Grafik bei Manfred Henninger und Hans Meid studierte. Von 1953 bis 1955 absolvierte sie ein Referendariat als Kunstpädagogin in Plön und Kiel, anschließend war sie für zwei Jahre als Kunstlehrerin in Kiel tätig. Nach der Heirat mit dem Maler Johannes Jäger ließ sie sich 1957 in Lübeck nieder und widmete sich in den folgenden Jahren ihrer Familie. Seit 1968 arbeitete sie als freischaffende Künstlerin. 1985 erhielt Jäger die Schleswig-Holstein-Medaille, zwei Jahre später wurde sie mit einem Stipendium des Landes ausgezeichnet, das ihr einen sechsmonatigen Studienaufenthalt in den USA in Minneapolis, Chicago und New York ermöglichte. 1992 arbeitete sie erneut in Minneapolis am Institute of Art, 1995 folgte ein Arbeitsaufenthalt in Seattle, wo sie die Neon-Klasse von Cork Marcheschi an der Pilchuck Glass School besuchte. Hanna Jäger war Mitglied der Gemeinschaft der Künstlerinnen und Kunstfördernden (GEDOK) Schleswig-Holstein, des Bundesverbandes Bildender Künstler (BBK) Schleswig-Holstein und der Gemeinschaft Lübecker Künstler. Ihr sich stetig entwickelndes Œuvre umfasst frühe Illustrationen, Zeichnungen in verschiedenen Werkserien, Mobiles, Collagen, strukturbetonte Materialbilder und gestisch-informelle Gemälde sowie die Schwarzlicht- und Neon-Bilder des Spätwerks.
Silke Eikermann-Moseberg, Hanna Jäger. Something is always happening/ Etwas geschieht immer (John Cage), Retrospektive 1947-2009, Kat. Ausst., Stadtgalerie im Elbeforum Brunsbüttel, Bd. 2, Werkverzeichnis, Brunsbüttel 2010.
Roswitha Siewert, Hanna Jäger. Nichts ist, was es ist, in: Lübeckische Blätter, 9, 2014, S. 138-140.