Künstler:in
Wilhelm Christian Cuwie
(* 1846 Lübeck, † 1931 Lübeck)
Titel
Portalbekrönung Stecknitzfahrer
Datierung
1905
Technik
Kunststein
Beschreibung

Um den im Mittelalter aufblühenden Handel zwischen Nord- und Ostseeraum zu vereinfachen und die mühsamen Transporte über Land bzw. die langen Seefahrtzeiten über den Sund zu verkürzen, beschlossen die Hansestadt Lübeck und der Herzog von Lauenburg im Jahr 1390 den gemeinsamen Bau einer künstlichen Wasserstraße. Der sogenannte Stecknitzkanal (auch: Stecknitzfahrt) wurde daraufhin in den Jahren zwischen 1392 und 1398 zwischen Lübeck und Lauenburg erbaut. Dazu wurde der Fluss Stecknitz reguliert und eine Verbindung mit dem in die Elbe mündenden Flüsschen Delvenau hergestellt. Es entstand ein 97 km langer Kanal, der weitgehend den natürlichen, gewundenen Verläufen der Flüsse folgte. Besonders für das Salz aus den Lüneburger Salinen wurde der Kanal der maßgebliche Transportweg und löste damit die Alte Salzstraße zwischen Lüneburg und Lübeck ab. In umgekehrter Richtung wurden Lübecker Waren wie Heringe, Felle, Getreide und Holz auf dem Kanal nach Lauenburg transportiert und dort über die Elbe weiterverschifft. Nachdem der Stecknitzkanal nach jahrhundertelanger Nutzung an Bedeutung verlor, wurde er Ende des 19. Jahrhunderts durch den neu erbauten Elbe-Lübeck-Kanal ersetzt, der Teile des alten Verlaufs übernahm.

 

Die Kaufleute, die den Salzhandel in Lübeck organisierten, wurden Salzherren oder Salzführer genannt. In ihrem Auftrag fuhren Knechte die Kähne über den Kanal und wurden dabei pro Schiffsreise bezahlt. Um sich Gehör bei den Obrigkeiten zu verschaffen und ihre Rechte gegen ihre mächtigen Herren durchsetzen zu können, schlossen sie sich zum „Amt der Stecknitzfahrer“ zusammen. Als offiziell anerkannte Zunft besteht dieses Amt seit 1630, und nach einer Unterbrechung zwischen 1845 und 1935 ist es bis heute als Verein aktiv. Das alte Amtshaus in der Hartengrube 25, das bereits 1563 erworben wurde und auch eine Schankerlaubnis erhielt, musste wegen Baufälligkeit Anfang des 20. Jahrhunderts abgerissen werden. 1905 errichtete die Ratzeburger Aktien-Brauerei an seiner Stelle ein Lokal, welches in seinem Bauschmuck und der Innenausstattung Bezug nahm auf die Stecknitzfahrer und ihre traditionellen Gebräuche. Besonders augenfällig wird dies durch die beiden männlichen Kunststeinfiguren, die auf einem Gesims oberhalb des Eingangsportals aufgestellt sind. Die linke Figur ist stark verwittert, ihr Kopf nicht mehr existent. Dennoch ist sie anhand ihrer Kleidung – lange Hose, langärmliges, weites Hemd, zweireihig geknöpfte Weste und aufwendig geknotete Halsbinde – als sogenannter Ältermann zu identifizieren. Er war der von den Amtsbrüdern gewählte Vorsitzende der Zunft, der für die Einhaltung des Rechts zuständig war, kleinere Strafen erlassen konnte und als Schlichter fungierte. Die rechte Figur zeigt dagegen einen jungen, aktiven Stecknitzfahrer mit aufgekrempelten Hosenbeinen und Hemdsärmeln, offenem Hemdkragen und einem langen Staken in der rechten Hand, mit welchem die flachen Stecknitzkähne auf dem Wasser bewegt wurden.

Biografie

Wilhelm Christian Cuwie wurde 1846 in Lübeck geboren. Er war Inhaber eines Bildhauer- und Stuckateurgeschäftes in der Mühlenstraße. Cuwie, der sein gesamtes Leben in der Hansestadt verbrachte, genoss in der Lübecker Gesellschaft eine hohe Reputation. Von 1893 bis 1913 war er Mitglied der Bürgerschaft und wurde zeitweise in den Bürgerausschuss erwählt. Er war Mitglied der Baudeputation und gehörte der Vorsteherschaft des St. Johannis-Jungfrauenklosters, der Gesellschaft zur Beförderung gemeinnütziger Tätigkeit und der Sammlung von Gemälden, Kupferstichen und Gipsabgüssen an.

Kategorie
Bauplastik/-skulptur
Standort
Hartengrube 25, ehem. Amtshaus der Stecknitzfahrer, Fassade
Literatur
Peter W. Kallen, Skulptur am Bau in der Lübecker Altstadt, Lübeck 1990.

Bilder